Widersprüche und unversöhnliche Gegensätze charakterisierten die
Kultur der Weimarer Republik. Restaurative Tendenzen ebenso wie künstlerische
und technische Schöpferkraft prägten das Bild. Der Bogen des Neuen spannte sich
von Walter Gropius’ Bauhaus bis zur »Dreigroschenoper« von Kurt Weill und
Bertolt Brecht, von Werner Heisenbergs Unschärferelation bis zu Arnold
Schönbergs Zwölfton-Musik, von Erich Maria Remarques »Im Westen nichts Neues«
bis zu Fritz Langs »Metropolis«.
Der
Mittelstand, durch die Inflation deklassiert, beharrte dagegen auf den Werten
des Kaiserreiches. Die wachsende Schicht der Angestellten wurde im Büro mit
neuen Kommunikationsmitteln konfrontiert und nutzte in der Freizeit
Möglichkeiten der modernen Konsumgesellschaft. Die Arbeiterbewegung gewann
organisatorisch und politisch an Selbstbewußtsein und Stärke; eine eigenständige
proletarische Kultur entstand. Frauen, erstmals in der deutschen Geschichte
wahlberechtigt, nahmen verstärkt am gesellschaftlichen und kulturellen Leben
teil.
Die
»goldenen zwanziger Jahre« sahen ökonomische Katastrophen wie Inflation und
Weltwirtschaftskrise. Vor dem Hintergrund des drohenden Bürgerkriegs veränderte
der Siegeszug der Elektrizität Arbeit und Alltag. Die Avantgarde revolutionierte
die Künste, während Radio und Film zu Massenmedien heranwuchsen, umkämpft von
den politischen Lagern. Die Umwälzung von Gesellschaft und Technik war begleitet
von enthusiastischer Fortschrittshoffnung, die ihre Utopie in den USA oder in
der Sowjetunion verkörpert sah. Die beschleunigte Modernisierung weckte aber
auch Ängste, die schließlich eine Massenbasis für den Nationalsozialismus
ermöglichten.