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Die Weimarer Republik
Bei den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920, die als "Abmachung" zur Beendigung des Lüttwitz-Kapp-Putsches anberaumt wurden, verlor die Weimarer Koalition aus Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (SPD), Zentrum und linksliberaler Deutscher Demokratischer Partei (DDP) ihre bisherige Mehrheit. Dies war ein deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit weiter Kreise der Bevölkerung mit der jungen parlamentarischen Demokratie. Geradezu als Inkarnation aller Fehler und Schwächen von Republik und
Demokratie galt Matthias
Erzberger. Als er am 26. August 1921 von ehemaligen Freikorpsangehörigen
ermordet wurde, fand diese Tat im rechtsextremen Lager ein erschreckend
positives Echo. Knapp ein Jahr später fiel Reichsaußenminister Walther
Rathenau, nicht zuletzt wegen seiner jüdischen Abstammung und wegen
des Rapallo-Vertrags
mit Sowjetrußland, einem Anschlag desselben Täterkreises zum Opfer.
Hunderttausende demonstrierten nach der Ermordung
Rathenaus zwar für Republik und Demokratie, doch gegen den manifesten
Antisemitismus
des völkischen
Lagers sowie gegen die republik- und demokratiefeindlichen Strömungen
vermochten Demonstrationen allein nur wenig auszurichten. In eine nahezu ausweglose Krise geriet die Weimarer Republik, als nach einer geringfügigen Verzögerung der deutschen Reparationsleistungen französische und belgische Truppen am 11. Januar 1923 das Ruhrgebiet besetzten. Daraufhin proklamierte die Reichsregierung unter Wilhelm Cuno den "passiven Widerstand" und pumpte immense Geldmengen als Kompensation für die Einstellung der Arbeit ins besetzte Gebiet. Die seit 1914 spürbare Inflation geriet nun völlig außer Kontrolle, Sparguthaben verloren ebenso ihren Wert wie die bis kurz vor Kriegsende gezeichneten Kriegsanleihen. Vor diesem Hintergrund wuchs die Putsch- und Aufstandsbereitschaft bei den Rechten wie bei den Linken. Während ein linker Aufstandsversuch "nach russischem Vorbild" jedoch im Oktober 1923 relativ sang- und klanglos in sich zusammenbrach und nur in Hamburg zu bewaffneten Auseinandersetzungen führte, waren Staatsstreichpläne der von Gustav Ritter von Kahr geführten bayerischen Rechten bedrohlicher. Sie sahen in einer "legalen" Diktatur den einzigen Ausweg aus der - nach ihrer Meinung - vom "parlamentarischen System" verursachten Krise und wollten die politischen Verhältnisse der "Ordnungszelle" Bayern auf das Reich übertragen. An den Planungen zum "Marsch nach Berlin" wirkte auch Adolf Hitler mit, Vorsitzender der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und Führer des Deutschen Kampfbundes, eines Bündnisses von bayerischen Einwohnerwehren und Sturmabteilung (SA). Als Hitler erkannte, daß der Kampf um die Diktatur ohne ihn und seine SA stattfinden sollte, nutzte er am 8. November 1923 eine "nationale Veranstaltung" des bayerischen Generalstaatskommissars Kahr im Münchener Bürgerbräukeller als Forum für seinen Putschversuch, der jedoch bereits am folgenden Tag niedergeschlagen wurde. Damit war die schwerste Gefahr für die Republik abgewendet. Die Stabilisierung der Währung durch die Einführung der Rentenmark trug das ihre zur innenpolitischen Beruhigung bei. Oberflächlich betrachtet waren die ersten Jahre, die auf das
katastrophale Jahr 1923 folgten, für die Weimarer Republik eine Zeit der
relativen innenpolitischen Windstille mit wirtschaftlichem
Aufschwung und kultureller
Blüte; unter den bürgerlichen Reichskanzlern Wilhelm
Marx und Hans
Luther amtierten bürgerliche Kabinette,
die zwar gelegentlich auseinanderbrachen, sich aber alsbald wieder
zusammenfanden. Eine Zeitlang konnte es sogar scheinen, als habe sich
selbst der monarchische Konservatismus mit der neuen Realität abgefunden.
Ironischerweise zeigte sich das, als nach dem Tod des ersten
Reichspräsidenten Friedrich
Ebert mit knapper Mehrheit der einstige königlich-preußische
Generalfeldmarschall Paul
von Hindenburg 1925 zum Reichspräsidenten
gewählt wurde. Zur großen Überraschung seiner Umgebung dachte aber
Hindenburg nicht daran, die monarchistische Wende zu vollziehen, die seine
Hintermänner erhofften; statt dessen war er entschlossen, dieser Republik
ein guter Präsident zu sein. Mit der Unterzeichnung des Vertrages
von Locarno Mitte Oktober 1925 hatte Deutschland seine internationale
Isolation überwunden und erhielt einen Sitz im Völkerbund.
Trotz der bewußt offengehaltenen Frage der deutsch-polnischen Grenze
stellten das Dawes-Abkommen
und der Locarno-Vertrag die Weichen für den 1929 ausgearbeiteten Young-Plan,
der die deutschen Reparationslasten endgültig festlegen sollte: Die
jährlichen Zahlungen sollten sich nun zwar bis 1988 erstrecken, aber
gleichzeitig verpflichtete sich Frankreich, das Rheinland fünf Jahre vor
dem ursprünglich vorgesehenen Termin zu räumen. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise
mit ihren katastrophalen sozialen und industriellen Auswirkungen wurden die deutschen
Reparationsverpflichtungen auf der Konferenz
von Lausanne im Sommer 1932 gegen eine Abfindungssumme von drei
Milliarden Reichsmark endgültig gestrichen. Obwohl die auf den Einsatz
wirtschaftlicher Mittel bauende Revisionspolitik von Außenminister Gustav
Stresemann durchaus erfolgreich war, rief die seit Oktober 1928 von Alfred
Hugenberg geführte Deutschnationale
Volkspartei (DNVP) mit dem Stahlhelm
und NSDAP ein Volksbegehren gegen die Unterzeichnung des Young-Plans ins
Leben und forderte im anschließenden Volksentscheid
gegen den Young-Plan die auf Landesverrat stehende Zuchthausstrafe für
jeden Unterzeichner derartiger Verträge. Zwar stimmten im Dezember 1929
nur knapp 14 Prozent der Wahlberechtigten diesem "Freiheitsgesetz" zu,
aber die Teilnahme der Nationalsozialisten am Volksbegehren hatte der
NSDAP enorme Publizität und Reputation im "nationalen Lager" verschafft.
Bei der "Septemberwahl" 1930 steigerte die NSDAP ihr Ergebnis um
fast 800 Prozent gegenüber der letzten Reichstagswahl und zog mit 107
Abgeordneten als zweitstärkste Fraktion in den Reichstag ein. Wähler aus
allen sozialen Schichten hatten für die Nationalsozialisten gestimmt.
Trotz einer auffallenden Verankerung im Mittelstand hatte die NSDAP sich
in der zerstrittenen Parteienlandschaft zur ersten "Volkspartei"
Deutschlands entwickelt. Der für den Nationalsozialismus charakteristische
Antisemitismus trat in der Propaganda nun nicht mehr so massiv in
Erscheinung. Der Partei ging es jetzt vor allem um den Nachweis ihrer
"Gesellschaftsfähigkeit". Gemeinsam mit dem Stahlhelm und der DNVP bildete
die NSDAP im Oktober 1931 die "Harzburger
Front", um der nationalistischen Opposition mehr Stoßkraft zu
verleihen. Von entscheidender Bedeutung für den starken Zulauf der Nationalsozialisten und der Kommunisten war die Weltwirtschaftskrise, die Deutschland weit härter traf als andere europäische Staaten. Nach dem dramatischen Kurseinbruch vom 25. Oktober 1929 an der New Yorker Wall Street wurden die kurzfristigen Auslandskredite aus Deutschland abgerufen. Der vor allem mit ausländischen Krediten finanzierte Wirtschaftsaufbau brach in sich zusammen, die ohnehin hohe Arbeitslosenzahl stieg bis auf über sechs Millionen, Armut und Verzweiflung griffen um sich. Über den Umfang der notwendigen Beitragserhöhung für die Arbeitslosenversicherung gerieten SPD und Deutsche Volkspartei (DVP) in der Großen Koalition in heftigen Streit. Am 27. März 1930 trat das Kabinett unter Hermann Müller, die letzte von einem Sozialdemokraten geführte Reichsregierung, zurück. Der Übergang zu den verfassungsrechtlich problematischen "Präsidialkabinetten" begann. Da es keine parlamentarische Mehrheit für eine arbeitsfähige Regierung gab, beauftragte Hindenburg den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning mit der Bildung einer Minderheitsregierung, deren eigentliche Machtbasis das Recht des Reichspräsidenten zum Erlaß von Notverordnungen und zur Auflösung des Reichstags war. Mehr als zwei Jahre betrieb Brüning eine energische Sparpolitik, bevor die "ostelbische" Kamarilla es schaffte, den Reichspräsidenten auf den Rücktritt Brünings festzulegen. Am 1. Juni 1932 ernannte Hindenburg das "Kabinett der nationalen Konzentration" mit Franz von Papen als Reichskanzler. Durch eine staatsstreichartige "Reichsexekution" setzte die Regierung Papen die von dem Sozialdemokraten Otto Braun geführte Preußische Regierung am 20. Juli 1932 ab. Mit dem "roten" Preußen war die letzte demokratische Bastion des Reichs gefallen. Ein Generalstreik gegen den "Preußenschlag" schien angesichts der sechs Millionen Arbeitslosen wenig erfolgversprechend. Wie sehr sich die innenpolitischen Gewichte verschoben hatten, war schon bei der Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten deutlich geworden. Im Frühjahr 1932 wurde er vor allem von den demokratisch-republikanischen Parteien unterstützt. Sein schärfster Konkurrent war Adolf Hitler, für den im zweiten Wahlgang über 13 Millionen Wähler stimmten. Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 erhielt die NSDAP dann über 37 Prozent aller Stimmen, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) kam auf über 14 Prozent. Die Wähler hatten den "bürgerlichen" Parteien und der parlamentarischen Demokratie auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise eine klare Absage erteilt. Den "böhmischen Gefreiten" zum Reichskanzler zu ernennen, scheute Hindenburg sich zwar, doch Hitler stellte nicht nur die mit Abstand größte Reichstagsfraktion, sondern seine SA hatte in blutigen Kämpfen inzwischen auch "die Straße" erobert. Die während der Revolution 1918/19 noch unüberhörbaren Stimmen der Vernunft aus dem demokratisch-pazifistischen Lager waren 1932/33 im Getöse der "Sieg-Heil"- und "Rot-Front"-Rufe untergegangen. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war das Ende der Weimarer Republik am 30. Januar 1933 besiegelt. (ba)
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